Glauben wir, was wir bekennen, feiern, empfangen?
„Leib Christi“ und „Blut Christi“
Es war ein großer Kreis, der da seine Veranstaltung mit der Feier der Messe begann. Das Tagesevangelium hob an mit dem Satz: „Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns sein Fleisch zu essen geben?“ (Joh 6,52)
Der Zelebrant nahm diesen Satz als Ausgangspunkt seiner Predigt. Er sprach über den Eucharistieglauben, wie er ihn in seinem Gemeindeumfeld erlebt. Die Frage der Juden damals könne genauso gut die Frage einer katholischen Gemeinde heute sein. Der Priester klagte nicht und klagte nicht an, aber er stellte fest: wie schwer sich auch gute Katholiken und treue Kirchgänger mit der Kommunion als Empfang des „Leibes“ und „Blutes“ des Herrn tun. Der Kommuniongang ist heute fast so sicher wie das sprichwörtliche „Amen“ in der Kirche. Aber was ist das, was man dann an den Altarstufen empfängt?
Unser Sprechen ist da durchaus verräterisch. Hoch theologisch und liturgisch reden wir von der „Eucharistie“. So tief und auch konkret man dieses Wort füllen kann, zunächst klingt es einfach „ungefährlich“. Es ist in jeder Hinsicht ein „Fremd-Wort“. Es ist wie eine wunderschöne Verpackung, die alles Mögliche enthalten kann. Kinder werden langsam herangeführt, dass das „Plätzchen“, das Mama und Papa vom Priester erhalten, etwas besonderes ist: „heiliges Brot“. Gerne bleiben auch wir Erwachsene bei diesem Wort. Es klingt ja auch gut... „heiliges Brot“ und ... tut nicht weh. Bei gelegentlich notwendigen Hinweisen in Messfeiern für den Kommunionempfang gebrauche ich selbst gerne die Begriffe „Hostie“ und „Wein“- „Hostie“ ... ein Fachbegriff und wieder ein „Fremd-Wort“, - „Wein“ ... na ja, eben ... Wein. Nur unmittelbar bei der Kommunionausteilung - fast verschwörerisch und verschämt leise - kommen wir „hart zur Sache“: „Leib Christi“, „Blut Christi“.
Vor wenigen Wochen entspann sich zwischen mir und einer Nicht-Katholikin ein Email-Gespräch über die Eucharistie. Ich war überrascht, wie konsequent meine Gesprächspartnerin „zur Sache“ fragte und eine Antwort sucht. Das Gespräch arbeitet in mir nach. Was glaube ich selbst? Was antworte ich auf Fragen nach der Eucharistie? Gehen wir Katholiken / gehe ich – auch als Mönch und Priester! – nicht allzu sehr im Gewohnheits-Trott zum Kommunionempfang? Was sage ich unseren Hausgästen, - sei es jenen, die sich durch ihre Lebensgeschichte weit von der katholischen Kirche entfernt haben, - sei es jenen, die einer anderen Konfession angehören? Es sind nicht wenige, die „weit weg“ sind und doch zu uns kommen, - sich in unsere Nähe trauen und uns sehr nah an sich heran lassen.
Ich will das Email-Gespräch so wiedergeben, wie es tatsächlich gelaufen ist. Meinen Gesprächsanteil habe ich im folgenden kursiv gedruckt.
.... wie glauben Sie das eigentlich persönlich: wirklich Fleisch und Blut?
Ja!
Oder: "In, mit und unter Brot und Wein ist der auferstandene Christus gegenwärtig - als Mysterium" (etwas frei nach Luther)
Das ist sicher alles mit drin, ist mir aber doch zu "verständlich / verstehbar"....Ich finde die katholische Deutung echt "göttlicher" und dem menschlichen Machbarkeitsdrang und Verstehenshorizont absolut unzugreifbar
Aber dann versehe ich nicht ganz, warum Sie Nicht-Katholiken so entspannt an der Eucharistiefeier teilhaben lassen. Oder hab ich mich da bisher getäuscht?... Müsste es dann nicht "strenger" zugehen ...??? Verunglimpfen wir denn nicht den sakralen Charakter des Ganzen?
.... Ihre Anfrage ist sehr gut, ... und es ist durchaus so, dass ich da in einer gewissen Spannung stehe. Feiern wir wirklich dasselbe? ... und müsste ich da nicht "strenger" sein? "...so entspannt" bin ich wirklich nicht. Ich scheue das Wort "verunglimpfen", obwohl es scheinbar so nahe liegt. ... ich hoffe und glaube, Gott ist größer als mein Verstand und auch mein Herz.
Wichtig wäre mir: was will der Empfangende, - also ganz konkret: die [... Name der Gesprächspartnerin]? Nicht dass er / sie / Sie m i r ein Antwort geben muss. Er / sie / Sie muss s i c h und G o t t eine Antwort geben, die Bestand hat.
Danke für die ehrliche Antwort. Ich befürchte allerdings, dass die "Teilnahmefrage" nie primär vor einem individuellen Kontext geklärt werden kann. Obwohl ich ziemlich genau vor mir und Gott weiss, warum ich Abendmahl / Eucharistie feiere (und dabei dem katholischen Verständnis nah bin) ... ich weiss einfach nur nicht, was konkret geschieht ..., ja, auch eine "Wandlung" ist gut möglich / denkbar / erwartbar ...), ist das kaum freien Herzens möglich, wenn ich mich "vom Hausherrn", nicht aber von "den Geschwistern" eingeladen weiss. Käme mir wie eine Trotzreaktion vor.
Schwer zu formulieren. Irgendwie kann ich Abendmahl / Eucharistie nie nur "vertikal" denken - ... obwohl es damit evtl. leichter wäre.
Der Prediger, von dem ich eingangs sprach, brachte Jesu herausforderndes Wort von seinem Fleisch, das er zu essen gibt, in die locker klingende, aber ernsthaft nachzudenkende Formulierung „Ich lade euch ein, mich zum Fressen gern zu haben.“ Die Formulierung klingt locker, aber sie ist weder locker noch despektierlich. Sie gehört zum intimen, ungeschützten Wortschatz der Liebenden. Wenn Gottes Wort und Sohn in der Geburt zu Betlehem „Hand und Fuß“ bekommen hat, - wenn er sich „mit Haut und Haar“ der Liebe zum Vater und den Menschen verschrieben hat, - wenn er sich „mit Fleisch und Blut“ in Brot und Wein gibt, dann sind das sicher alles Sprachbilder, die nicht biologistisch aufzuschlüsseln sind. Aber sie sprechen von einer personalen Ganzheitlichkeit eines Liebesangebots, die Menschenvorstellbarkeit und –begrifflichkeit übersteigt.
Ich denke, das Bekenntnis „Das ist Christi Fleisch und Blut“ ist ein Bekenntnis auf der der Brücke über den Grenzfluss, der Dogmatik und Mystik voneinander scheidet. Es ist Bekenntnis, das das Ufer des Verstehbaren schon verlassen hat und sich ausstreckt nach einer Mystik, die Vereinigung in der Liebe ist.
Es gab eine amerikanische Hamburger Reklame, die berühmt geworden ist. Die Kundin klappt ihren Hamburger auf und findet Salatblätter in Menge, aber kein Fleisch. Ihre Frage „Where is the beef? – Wo ist das Fleisch?” ist zum geflügelten Wort geworden. Ich möchte das übersetzen in unsere Frage nach der Eucharisitie: Ich gehe zur Kommunion – als Mönch und Priester praktisch sogar täglich. Was glaube ich wirklich? Kann ich die Antwort aus dem Katechismus lernen? Muss ich mich nicht vielleicht noch viel mehr über das Gelernte hinaus zu meiner Tiefenantwort hindurchbeten?
„Where is the beef?“
Abt Albert Altenähr OSB
2005-04-16