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Ansprache bei der Oblationsfeier am 10. Januar 2009

Kreise der Berufung

Abt Friedhelm mit den neuen Mitgliedern unseres OblatenkreisesDie Werkzeuge der geistlichen Kunst (RB 4,1f):

Vor allem: Gott, den Herrn, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft (Dtn,6,5).
Ebenso: Den Nächsten lieben wie sich selbst (Lev 19,18).

Als ich vor einigen Tagen gefragt wurde ob wir Nachwuchs hätten antwortete ich mit einem klaren: Nein!

Am Abend dachte ich mir: Das stimmt doch gar nicht, da legen doch am Samstag drei Bewerber ihre Oblation ab, zwei werden ins Probejahr aufgenommen. Wir haben Nachwuchs!

Das ist gewiss nicht das, was mein Gesprächspartner hören wollte, aber es stimmt: Wir haben Nachwuchs.

In einer Zeit, in der das Jammern über zu wenig engagierte Christen zum guten Ton gehört ist es Not - wendig, auf das zu schauen, wie es ist. Da ist unsere kleine Mönchsgemeinschaft hier; ich möchte sie in die Mitte stellen - deren Mittelpunkt wiederum der Altar ist.

Da sind die Oblaten, die sich durch ein Versprechen unserem Haus angeschlossen haben dergestalt, dass sie die Gottsuche nach ihrer Weise in ihrem Alltag leben möchten. Sie sind der nächste Kreis. Da sind unsere Gottesdienstbesucher, die in größeren oder kleinen Abständen zu uns kommen, um mit uns Gottes Wort zu feiern. Der dritte Kreis.

Das Doppel-Wort über die Liebe, mit dem Benedikt so schnörkellos das Kapitel über die "Werkzeuge der geistlichen Kunst" beginnt, ist der Kern unseres christlichen Lebens, zurückverweisend auf ein Grundbekenntnis des Volkes Israel.

Auf je eigene Weise, in je eigener Umgebung kommt es darauf an:

Gott zu lieben mit allen Kräften. Und seinen Nächsten wie sich selbst. Das ist alles. Das betrifft Mönche, Oblaten, alle Christen.

Wir sind nicht viele - aber wir versuchen überzeugt und überzeugend unseren Glauben zu leben. Da ist Hoffnung - und diese ganz gelebt. Da ist Hingabe - und diese ganz gelebt. Da ist Liebe zu Gott und den Menschen -  und diese im je neuen Versuch ganz gelebt.

Im Alltag erfahren wir oft Widerspruch auf unseren Glauben hin: Wie gut! Denn Gleichgültigkeit würde vernichtend sein. Menschen reiben sich an unserem Glauben: Wie gut! Sie und wir können in und an der Auseinandersetzung wachsen. Im Kleinen erfahren wir dass wir groß sind, groß von Gott her und auf ihn hin.

Der Versuch benediktinisch im Kloster und in der Welt zu leben ist ein Versuch christlichem Leben Gestalt und Gehalt zu geben. Stärken wir uns gegenseitig in unserem Bemühen, lernen wir von- und miteinander, suchen wir Gott und lassen wir uns von ihm finden. Dann mögen wir Christen weniger werden, dann mag die Welt über uns lachen: Wir gehören Gott an! In dem Maße wir Gott angehören, in dem Maße gehört unsere Welt ihm an. Das soll uns stärken trösten, ermutigen und ermuntern.

Abt Friedhelm Tissen OSB
2009-01-10