Dem Glauben ein Gesicht geben
Es ist heute viel davon die Rede, dass die Kirche die Makel ihrer Amtsträger lange, viel zu lange vertuscht hat. Sprachlich scheint das Bild die schwarze Tusche im Blick zu haben, mit der in Papieren ungeliebte Passagen unleserlich gemacht werden. Nun, die Kirche mag vielleicht keine schwarze Tusche gebraucht haben, sondern Goldfarbe, aber das Ergebnis bleibt dasselbe.
Nun also ist das Vertuschte lesbar geworden. Ein Gesicht ist deutlich geworden, das so, wie es jetzt erkennbar ist, nicht gefällt. Es ist bittere, aber unvermeidliche Notwendigkeit, sich dem Spiegel zu stellen. Nur das Erkannte und Anerkannte kann gewandelt werden.
Lassen wir die aktuelle schmerzhafte Erfahrung als Hintergrund lebendig bleiben, wenn wir die Frage des „Vertuschens“ etwas anders akzentuieren. Geht sie uns selbst etwas an?
Wie ist das mit unserem Glauben in der Welt von heute? Halten wir uns da vielleicht vornehm oder vorsichtig zurück? Ich will ja nicht anecken, - unverstanden sein, - belächelt, - als Fundamentalist verschrien werden. Die „graue Maus“ ist unauffällig und das ist ihre Chance, durchs Leben zu kommen. Aber Christsein unter der Tarnkappe ist nicht die Devise des Evangeliums.
Im übrigen, machen wir uns nichts vor. Auch die graue Maus hat, oder besser gesagt: ist ein Gesicht. Sie ist eine Duck-Maus. Die Duckmäusigkeit ist aber nicht das Charisma, das Gott mir, dem Normal-Christen, zugedacht hat.
Das Gesicht der Kirche sind weder der Papst allein, – noch allein die Bischöfe oder die Pfarrer. Das Gesicht der Kirche ist das Volk Gottes insgesamt. Und wo ich heute einem Nichtglaubenden oder einem Kirchengegner begegne, da bin ich – wirklich ich! – das Gesicht des Glaubens und der Kirche, dem mein Gegenüber gegenübersteht. An mir buchstabiert er sich in das Evangelium hinein, oder eben auch aus dem Evangelium heraus.
Das bewusst zu haben, ist eine echte Herausforderung, - eine Last und eine Chance.
Albert Altenähr OSB
2010-04-27